Der Finowkanal

Geschichte des Finowkanal

Die Grundlagen für die Entstehung des Finowkanals reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Um 1540 wurde bereits der Gedanke geäußert, eine Verbindung durch das Finowtal zwischen Oder und Havel herzustellen.

Im Jahre 1603 verordnete Kurfürst Joachim Friedrich den Bau des Kanals von der Alten Havel bei Liebenwalde bis zu den Mölln-Seen etwas westlich des heutigen Finowfurt. Der Bau dieses Kanals dauerte von 1605 bis 1620.

Das Wasser für die Speisung des Kanals kam direkt aus der Havel und aus dem 1608 angelegten Nettelgraben (?) - Verbindung zwischen Pechteich und Finowkanal nordöstlich von Marienwerder. Dieser Nettelgraben wurde übrigens während einer Ausgleichsmaßnahme für die Erweiterung des Oder-Havel-Kanal im Jahre 2002 auf einem Teilstück renaturiert.

Der 30-jährige Krieg stellte einen erheblichen Einschnitt bei der weiteren Entwicklung der Wasserstrasse dar - der Kanal verfiel fast vollständig und ein Damm bei Zerpenschleuse mußte verhindern, daß die Havel in Zukunft Richtung Oder entwässerte. Bereits um 1700 war der Kanal kaum noch auszumachen.

Auf Drängen der Bürger der Stadt Eberswalde verfügte der preußische König Friedrich II. den Bau des noch heute existierenden Kanals. Der Finowkanal ist damit die älteste noch funktionstüchtige Wasserstrasse Deutschlands.

Dieser so genannte 2. Finowkanal verfügte anfangs über 10 Schleusen, die jedoch kurz nach der Eröffnung durch drei weitere ergänzt werden mussten. Schließlich wurde der Kanal auch Richtung Westen verlängert und erhielt 3 weitere Schleusen von Steinfurth an aufwärts.

1767 gingen die Arbeiten weiter, zwischen Niederfinow und dem Lieper See wurde der Fluss verlegt bzw. eine neue Kanalstrecke gebaut, die in der Schleuse Liepe endete. Die Wasserstrasse hatte damit 17 Schleusen verteilt auf eine Länge von 35,6 Kilometern (4 3/4 preußische Meilen).

Der Finowkanal hat heute eine Länge von 31,93 Kilometern und gehört zu den sonstigen Binnenwasserstraßen des Bundes. Er beginnt an der Havel-Oder-Wasserstraße in Zerpenschleuse (km 57,37) und endet an der Havel-Oder-Wasserstraße in Liepe (km 89,30).

Beim Betreiben eines Kanals stellt immer der "Nachschub" an Wasser das größte Problem dar. Bei jeder Schleusung geht der komplette Schleuseninhalt verloren. Somit stellte die Gewährleistung von ausreichend Wasserzufluss die Grundlage für die Baumassnahmen der nächsten Jahre / Jahrzehnte dar.

Zuflüsse

Bereits 1766 wurde das Werbellinfließ, der natürliche Abfluss des Werbellinsees, zum Werbellinkanal erweitert, 1780 wurde der neue Voßgraben (Vorgänger des heutigen Voßkanals) gegraben, hierdurch konnte bei Bedarf mehr Wasser aus der Havel abgezogen werden.

Weiteres Wasser kam durch verschiedene Bäche und Entwässerungsgräben dazu. Von West nach Ost sind die wichtigsten dabei:

- Klanfließ (Zufluß von Norden aus Wiesen südlich von Klandorf - unterquert den Oder-Havel-Kanal)
- Teufelsgraben bzw. Pregnitzfließ an der Grafenbrücker Mühle / Schleuse als Zufluß aus Richtung Süden - verbindet unter anderem den Eiserbudersee östlich Ruhlsdorf und die Seenkette bei Prenden, der alte Arm des Pregnitzfließ (das versumpfte) fließ in die Finow
- Abfluss des Pechteichs zw. der Steinfurter Wiesen aus Norden
- Besters Fließ - Abfluss des Üdersees aus Norden
- Finow - aus Süden, einer der gefällereichsten kleinen Flüsse der Region, entspringt auf dem Barnimplateau und fließt dann nordwärts Richtung Finowtal - Finowkanal, nimmt unterwegs noch das Wasser des Samithsees auf
- Menningfließ aus Süden, zwischen Finowfurt und Finow
- Abfluss des Maeckersees aus Norden, etwas oberhalb von Finow
- Drehnitzfließ aus Süden, entspringt in den Drehnitzwiesen zwischen Brandenburgischem Viertel und Westend
- Schwärze - neben der Finow einer der wichtigsten Flüsse der Region - sorgt bei Hochwasser regelmässig für nasse Keller in einigen Teilen von Eberswalde
- die Ragöse von Norden, verbindet über den künstlich geschaffenen Nettelgraben den Parsteinsee mit der Seenkette von Chorin bis Britz

Industrielle Entwicklung

Der Finowkanal förderte dadurch, daß an den Staustufen Energie gewonnen werden konnte und durch die günstigen Transportmöglichkeiten die Ansiedelung von Industrie im Finowtal, daher und auch auf Grund der Lage im Eberswalder Urstromtal kommt auch der Beiname für Eberswalde: Wuppertal des Nordens.

Die Beförderungsleistungen stiegen auf dem Kanal kontinuierlich an, so daß er bald an seine Grenzen kam. Durch den Bau zweiter Schleusen, konnte die Durchlässigkeit jedoch noch einmal erhöht werden, so daß der Kanal noch bis ca. 1900 den Anforderungen gewachsen war.

Durch die kurvenreiche Streckenführung, die inzwischen realtiv kleinen Schleusen und auch ihre hohe Anzahl, wäre jedoch eine Modernisierung der Wasserstraße sehr aufwändig geworden, weshalb der Bau des Oder-Havel-Kanals beschlossen wurde.

Der Oder-Havel-Kanal liegt nördlich des Finowkanal und hat eine sehr gestreckte Linienführung. Hierdurch und durch nur ein zentrales Abstiegsbauwerk bei Niederfinow / Liepe sorgt er für eine erhebliche Steigerung der Leistungsfähigkeit dieser Wasserstraße.

Niedergang und Zukunft

Nach Einweihung des Oder-Havel-Kanals (früher Hohenzollernkanal und nach 1918 Grosschifffahrtsweg Berlin-Stettin) ging der Verkehr auf dem Finowkanal allmählich zurück und beschränkte sich nach dem zweiten Weldkrieg nur noch auf die Belieferung des Kraftwerkes in Finow. Der letzte Frachtkahn fuhr Mitte der 60er Jahre des 20. Jhd.

Durch die Größe der Schleusen am Finowkanal wurde auch eine der ersten standardisierten Schiffsgrössen geschaffen - der Finowmaßkahn. Seine Maße waren 40,20 Meter Länge, 4,60 Meter Breite, 1,40 Meter Tiefgang und eine Ladefähigkeit / Verdrängung von 140 Tonnen. Die Schleusen waren so beschaffen, daß zwei Schiffe nebeneinander geschleust werden konnten.

Unter maximaler Ausnutzung der Schleusengröße konnte auch noch der Groß-Finowmaßkahn verkehren, der in allen Abmaßen etwas größer war.

Heute hat der Finowkanal vor allem wasserwirtschaftliche Bedeutung, obwohl er noch Bundeswasserstraße ist und somit von der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) vertreten durch das WSA-Eberswalde unterhalten wird.

Der Kanal ist inzwischen in einem relativ schlechten Gesamtzustand. Ein Teil der Schleusen ist stark sanierungsbedürftig und auch die Tauchtiefen sind teilweise gefährdet. Auf Grund seiner touristischen Bedeutung (nicht nur für den Wassertourismus) wird er jedoch in den nächsten Jahren mit Hilfe von Bundes- und vor allem EU-Mitteln saniert werden.

Ein erster Anfang wurde in den vergangenen Jahren durch die umfassende Restaurierung der Schleuse Eberswalde (gebaut 1851), den Neubau des Wehres an der Schleuse Wolfswinkel (2002) und durch Naßbaggerungsarbeiten zwischen den Schleusen Wolfswinkel und Drahthammer gemacht. 2003/04 wurden auch die Wehre an den Schleusen Stecher und Liepe erneuert.

Erschwerend wirken sich jedoch der Denkmalschutz für einige der Anlagen und die sehr starke Kontaminierung der Sedimente in einigen Bereichen des Finowkanals aus. Dies betrifft vor allem den Bereich unterhalb der Schleuse Heegermühle (Finow) und Schleuse Woflswinkel, da hier mit dem alten Kraftwerk, der Papierfabrik und vor allem der chemischen Fabrik die Industrieansieldungen zunehmen.

Langer Trödel

Durch den Bau des Oder-Havel-Kanals wurde der Finowkanal nahe Zerpenschleuse unterbrochen, die Schleuse Zerpenschleuse wurde geschlossen und die Schiffahrt fuhr ab da über den Oder-Havel-Kanal weiter. Der lange Trödel ist keine Bundeswasserstraße mehr und auch der am weitesten verkrautete bzw. verschlammte Abschnitt, inzwischen stellt die Geruchsbelästgung für die Bürger Zerpenschleuses ein großes Problem dar.

Die Überlegungen zu seiner Sanierung gehen so weit, daß laut darüber nachgedacht wird, ihn auch für die Schiffahrt, zumindest Sportschiffahrt wieder zu öffnen und damit den Touristenstrom durch Zerpenschleuse hindurchzuleiten. Wichtigstes Ziel ist aberin erster Linie eine Erhöhung des Durchflusses, um die Wasserqualität entscheidend verbessern zu können.

Parallel zur Öffnung des Langen Trödels wird auch über die Wiederherstellung des Werbellinkanals zwischen dem Pechteich und der Schleuse Ruhlsdorf diskutiert. Diese Strecke wäre aus touristischer Sicht das Bindeglied für eine Führerscheinfreie Anfahrt zum Werbellinsee und darüber hinaus auch wesentlich attraktiver für die übrigen Sportboote als die parallel verlaufende Strecke des Oder-Havel-Kanals.

Verwendete Literatur:

Werte unserer Heimat - Heimatkundliche Bestandsaufahme in der Deutschen Demokratischen Republik - Band 34 - Akademie-Verlag Berlin 1981

Hans-Joachim Uhlemann - Berlin und die Märkischen Wasserstrassen - transpress VEB Verlag für Verkehrswesen - Berlin1987
(kaufen bei: amazon)
Schönknecht / Gewiese - Auf Flüssen und Kanälen - transpress VEB Verlag für Verkehrswesen - Berlin1988
(kaufen bei: amazon)
Hans-Joachim Uhlemann - Die Geschichte der Schiffshebewerke - DSV-Verlag - Hamburg 1999
(kaufen bei: amazon)
Hans-Joachim Uhlemann - Schleusen und Wehre - DSV-Verlag - Hamburg 2002
(kaufen bei: amazon)