nach Hause

Bis Epinant fahre ich ruhig und frühstücke dort. Den ganzen Vormittag tut mir der Hintern weh, wahrscheinlich weil ich mit sehr wenig Druck gefahren bin. Von Montigny bis hinter Chatillons Saone folge ich der D417. Um 11.15 Uhr überquere ich die Wasserscheide zwischen Atlantik und Mittelmeer bei Damremont. Auf der Abfahrt Richtung Bourbonne erreiche ich 77 km/h - die Straße hat 10 % Gefälle und führt geradeaus. In Bourbonne kaufe ich ein. Hier im Supermarkt ist es wieder sehr günstig.

Hinter Grignoncourt komme ich an die bisher steilste Abfahrt (14%) und gleich darauf in Bousserancourt an einen etwa ebenso steilen Anstieg. Den Weg nach Martinvelle nehme ich rein instinktiv, er wird auch kurz darauf von einer schmalen Asphaltstraße zu einem nett brutalen Schotterfeldweg. Nach ca. 1 Kilometer mit Abfahrt und Anstieg wird er leider schon wieder zu Asphalt.

In Passavant drehe ich eine Ehrenrunde, die Abkürzung, die ich einschlagen wollte, führt mich in einem kleinen Bogen zu meinem Ausgangspunkt zurück. Als imposantes Rudiment einer Bahntrasse überspannt eine Brücke das Tal, ansonsten ist nicht mehr viel davon übrig.

Als ich am Canal de L'Est Pinkelpause mache, spricht mich ein Mann an, der mich schon einige male im Auto überholt hatte. Wegen seiner geringen Geschwindigkeit und leichten Schlängellinien, dachte ich, er wäre besoffen. Aber er sucht bloß Pilze.

Kurz darauf bin ich plötzlich ins Gebirge versetzt. In Fontenoy beschränkt sich das Tal auf den Canal, den Fluß Coney und den Ort. Über Fremonzy geht es dann durch schönen Buchenwald aufwärts und dann abwärts ins Tal der Semouse, bis Plombieres les-Bains muß ich nur noch über einen Berg. Auf den letzten Kilometern abwärts fliege ich fast über der Stadt entlang und gelange schließlich mitten hinein.

Aus dem Tal heraus nehme ich den direkten Weg über eine kleine Straße und einen Paß. Dann geht es etwas bergab und nach dem nächsten Paß und einer steilen und schnellen Abfahrt bin ich in Vecoux.

Von hier nehme ich den Weg über den Col du Xiard. Es geht lange Zeit relativ gleichmäßig und nicht zu steil bergan. Erst hinter Reherrey kommen zwei kurze extrem steile Stücke, zum Glück noch auf Asphalt. Als der aufhörte kann ich nur noch ein kurzes Stück fahren, dann wird der Weg so steil und die Steine so groß und rund, daß nichts mehr geht.

Ca. 200 Meter zerre und schiebe ich das Rad bergauf. Als der Boden wieder in Waldboden übergeht, kann ich noch einige Meter fahren, muß dann aber wieder absteigen. Der Weg ist wieder steiler und feucht, so daß die Traktion der Reifen nicht genügt. Ich glaube, es ist hier so steil und glitschig, daß nicht mal John Tomac hier fahren könnte.

Ich ziehe das Rad weitere 500 Meter und kann die letzten einhundert bis zum Paß wieder fahren. Gerade als ich mein Erinnerungsphoto gemacht habe, kommt ein MTBiker vorbeigeschossen. Er registriert mich aber anscheinend überhaupt nicht. Die anschließende Abfahrt ist wieder extrem steil und im oberen Teil mit ca. 10 cm breiten U-Profilen gespickt. Sie sind gerade so breit, daß der Reifen an der Kante zum durchschlagen neigt. Ich muß immer stark abbremsen, um einen Platten zu vermeiden. Mit dem voll bepackten Rad ist Springen leider nicht möglich.

Nach ca. 3,5 Kilometern ist alles vorbei. Es folgt ein kurzes Stück durch das Tal der Moselotte. Ein Blick auf die Karte bringt einen kleinen Schock, bis Kruth meinem Tagesziel muß ich einen weiteren Paß überwinden, er wird noch ca. 100 Meter höher als der letzte.

In Corrimont kommen mir noch zwei Radfahrer entgegen und dann geht es auf die letzte Steigung des Tages.. Bis gegen 20.30 Uhr bin ich bereits fast die Hälfte locker hinaufgefahren. Da es dunkler geworden ist, hole ich mein Licht heraus. Dann spüre ich, wie das Tier in mir erwacht. Die letzten 3 Kilometer, die wieder steiler werden, prügele ich mich im Wiegetritt innerhalb von 10 Minuten hinauf.

Nach einem völlig unspektakulären Paß stürze ich mich in die Tiefe. Es ist schon fast dunkel, nur der Mond erhellt etwas die Dämmerung. Die Straße ist nicht viel mehr als ein etwas hellerer Streifen in der Finsternis. Wie kleine Leuchtfinger zerschneiden die Scheinwerfer der Autos, lange bevor ich sie hören kann, die Finsternis. Dann rauschen sie an mir vorbei und ihre roten Rücklichter schielen wie die Augen eines bösen Tieres kurz hinter mir her.

Die 7 Kilometer bis Kruth fliegen in kurzer Zeit an mir vorbei, dann tauchen die ersten Lichter aus der Nacht auf und nach einer kurzen Suche trudele ich auf dem Zeltplatz ein. Hier genieße ich die warme Dusche, dabei merke ich, wie mager ich mittlerweile bin. Deshalb fasse ich den Entschluß, direkt von Freiburg im Breisgau per Zug nach Hause zu fahren.