Vom Lake Rerewhakaitu zum Lake Waikaremoana

Am Abend ziehen Wolken auf, die auch am Morgen noch den gesamten Himmel verdecken. Nur ganz weit im Osten ist ein schmaler Streifen blau zu erkennen. So packe ich das Zelt feucht ein, warte nicht auf die Sonne, hoffe aber auf einen schönen Tag, da ich nach Osten will.

Kurz nach neun sitze ich endlich auf dem Rad, der Schotter hört schon bald auf und so komme ich schnell nach Rerewhakaitu. Und da ist sie wieder, die Freundlichkeit und Begeisterung, die mir hier als Radfahrer immer wieder entgegen schlägt. Ein LKW-Fahrer grüßt mich mit dem Daumen nach oben.

Nach genau 9,7 km bin ich zurück auf der 38 und ich komme in den größten von Menschenhand gepflanzten Wald der südlichen Hemisphäre. Aber so richtig begeistert bin ich nicht. Die Straße führt als eine breite Schneise durch diesen Wald, mit den Bäumen im gleichen Abstand und gleichen Alter. Und die Straße führt geradeaus, so lange geradeaus, dass es egal ist, ob ich nun ständig nach vorne schaue oder nicht, es geht immer noch ein Stück weiter.

Aber dann kommt zum Glück eine Kurve und danach beginnt die lange Abfahrt nach Murupara. Vor mir baut sich eine Kette von Bergen auf, die diesen "Wald" beenden und sich von Nord nach Süd über den Horizont erstreckt.

Die Straße geht nicht sehr steil abwärts, aber immerhin so steil, dass ich nur wenig mit treten muß und so erreiche ich nach ungefähr 10 Kilometern sehr relaxed Murupara. Aber das sieht mehr nach verlassener Ecke denn nach quicklebendiger Komune aus. Die Häuser alle etwas "angegammelt" und die Einkaufsmeile lieblos dahin gestellte Flachbauten. Und leider ist genauso trostlos auch das Angebot im Shop. Geld werde ich trotzdem los.

Nach gut 2 Kilometern komme ich endlich an den Rand der Berge. Die Straße geht auch gleich etwas bergauf und hinein in den Wald - richtigen Wald. Am Anfang steht ein Schild 17 Kilometer Logging Trucks, aber dann kurz danach als der Asphalt aufhört steht noch ein Schild: 120 Kilometer kurvige Straße das klingt schon wesentlich besser und dann beginnt auch noch eine Straßenbaustelle - 4 Kilometer Länge. Das macht die Straße wesentlich besser befahrbar, denn der Belag ist befeuchtet und mehrfach gewalzt. Eine Reihe von Straßenbaumaschinen ist hier beschäftigt und nachdem ich die letzte hinter mir habe beginnt einen Kilometer später richtig brutaler Schotter.

Es geht jetzt gleich wieder runter und wieder rauf und nachdem ich dann endlich nochmal abgefahren bin, finde ich auch eine Stelle, an der ich eine kleine Pause einlegen kann. Eine etwas breitere Kurve an der ein großer alter Baum Schatten spendet, denn der Himmel ist schon seit vielen Kilometern fast wolkenlos. Und jetzt stauben die Autos ohne Ende an mir vorbei und immer wieder auch welche mit defekten Stoßdämpfern.

Und dann geht es wieder an einem Fluß entlang und der Wald ist so phantastisch - richtiger Urwald! Zwischendurch auch immer wieder Stellen, an denen geholzt wurde oder auch einzelne Nadelbäume, aber insgesamt wirkt alles viel mehr wie richtiger Wald, viel gewachsener.

Der Asphalt beginnt wieder und ich bin in Te Whaiti. Einige weit verstreute Häuser, an der Tankstelle gönne ich mir ein Eis und treffe auf ein Pärchen, wir schwatzen ein bischen und es ist so schön, daß ich mir noch ein Eis hole und wir noch etwas weiter schwatzen. Dann endet der Asphalt wieder.

Es geht wieder hoch, immer an einem Fluß entlang, das Tal wird zu einer schmalen Schlucht und die Straße windet sich immer höher und immer wieder denke ich, was für ein genialer Wald und überlege, warum der Fluß so anders wirkt, als die auf der Südinsel. Aber hier gibt es keine riesigen Geröllbänke mehr, sondern zu beiden Seiten Schilf oder Wiese.

Dann wird die Straße wieder schmaler und das Tal wird zu einer Schlucht. Über riesige Steine stürzt der Fluß jetzt abwärts, es geht nochmals etwas rauf und plötzlich liegt der Lake Waikaremoana vor mir.

Und es ist nicht einfach nur ein See, sondern so wie er so daliegt, einer der schönsten Seen überhaupt. Umgeben von hohen Bergen voller Wald, die Sonne beleuchtet nur Teile und alles wirkt etwas außerirdisch, als objemand meinte, genau hier soll jetzt ein See sein, auch wenn die Gegend nicht danach aussieht. Es erinnert alles ein bischen an die Seen und Fjorde im Süden, oder an einen Stausee. Und eigentlich ist er ja auch ein Stausee, nur eben natürlich entstanden.

Aber ich sehe den See nur kurz, dann geht es wieder rauf. Und so geht es auch weiter. Immer ist der See kurz zu sehen und dann verschwindet er wieder hinter den Bäumen. Das alles spielt sich einige Meter über dem Wasserspiegel ab, vielleicht 100, 200, wer weiß. Zwischendurch immer wieder Wasserfälle und dieser Wald. Und jedesmal ist der See irgendwie anders und es ist eher so, als würde ich nacheinander an verschiedenen Seen entlang fahren. Zuerst prägen die steilen Berge im Süden die Szenerie, aber dann wird der See breiter und die Berge "normaler".

Und dann geht es lange abwärts und ich überquere einen letzten Fluß, fahre etwas an ihm entlang, noch einmal Peng - ich habe einen Platten und erreiche genau in diesem Augenblick den Campingplatz des DoC an den Ufern des Sees Waikaremoana. Ein richtiger Camp mit einem richtigen Office, aber schon zu. Also muß ich klingeln und ein Mann kommt heraus. Und er sagt irgendwas und ich verstehe erst einmal gar nichts, aber dann holt er sein Buch und ich zahle 7,50. Und als er das Wechselgeld holt, bringt er noch eine Banane mit.

Und da ich ja einen Platten habe, schiebe ich das Rad quer durch den Camp, der genial am Ufer liegt. Einige Boote, sogar Segelboote, Hütten, ein riesiger Küchentrakt und Wiese. Naja eigentlich nur 5 cm, denn darunter liegt eine sehr harte Schicht Schotter. Und noch bevor ich das Zelt aufgebaut habe, fragen mich mindestens 3 Lete, woher ich komme. Radfahrer sind hier wohl nicht so häufig.

Dann erstmal duschen und inzwischen ist das Zelt auch schon halbwegs ausgelüftet und trocken. Dann erstmal zu dem Platten. Und weil der Reifen so naß ist, daß ich ihn kaum greifen kann, bekomme ich ihn nicht runter und verfluche ihn und dann rutscht auch noch der Verband an meinem Finger und ich verbiege den Löffel, aber schließlich ist er doch runter. Aber jetzt ist es schon so dunkel, daß ich die Lampe nutzen muß, um das Loch im Schlauch zu finden - dann Flicken rauf und endlich Essen gehen in der riesigen Küche. Hier ist es total voll, aber ich will lieber schnell essen und ab in die Koje...


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